Das bisschen Hoffnung, das wir haben, ertränken wir im Alkohol und verzweifeln in unserem Rausch und sehnen uns nach Klarheit. Wir lallen von Freiheit und der großen Revolution, während sich unsere Köpfe drehen und die Gedanken beginnen zu taumeln wie ein Kreisel, der an Schwung verliert und schließlich umfällt und reglos am Boden liegen bleibt. Unspektakulär und grob bemalt mit wirren Mustern. Nüchtern geht die Welt zugrunde. Unverklärt und unerträglich, deutlich und erbarmungslos.
Wir fürchten uns vor fremden Blicken. Scheuen unsre Menschlichkeit. Umwickeln unsre Scham mit Knatterfolie, stecken sie in Schachteln aus Vernunft und Ethos, die wir fest verschließen mit klebrigem Gewebeband aus abgedroschener Gewalt und aufgesetzter Langeweile. Verlegen bieten wir uns als Geschenk, das niemand haben will. Mit glitzerloh aus Kitsch geflochtenen Bändern kringelig garniert, angeln wir aus großen, kunstlichtübersättigten Fenstern nach Zuneigung und Anerkennung.
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Martin Brunner, 2003